Wunderbare Welt der Zinsgleitklauseln
Es könnte so schön sein: Steigt der EURIBOR bzw. LIBOR werden die an die Bank zu zahlenden Zinsen höher, sinkt er, werden sie geringer. Dreht der Indikator ins Negative, so könnte der Kunde sogar Zinsen erhalten.
Voraussetzung dafür ist, dass der positive Wert des Aufschlags geringer ist, als der negative Wert des Indikators. So sollte es bei Krediten immer sein, die an einen Indikator gebunden sind. Kreditnehmer haben die Rechnung allerdings ohne die Banken gemacht. Diese wollen bei negativem Indikator die Zinssenkung nicht zur Gänze weitergeben. Nahezu jede österreichische Bank hat an ihre Kunden Briefe verschickt, deren Inhalt ähnlich ist. Die Formulierungen reichen von „Der Indikator werde bei Null eingefroren, dazu komme der Aufschlag“ bis „Seitens der Bank werden keine Negativzinsen bezahlt.“ Was tun, wenn man solch einen Brief erhalten hat?
Konsument oder Unternehmer?
Erst einmal muss man unterscheiden: Ist man als Konsument oder als Unternehmer die Kreditverbindlichkeit eingegangen. Wer ist überhaupt Konsument? Jeder, der nicht Unternehmer ist. Wer ist Unternehmer? Jeder der selbständig wirtschaftlich tätig ist, im Rahmen einer auf Dauer angelegten Organisation, auch wenn er keine Gewinne erzielt. Konsument ist man übrigens auch dann, wenn man gerade sein Unternehmen gründet und die ersten Geschäfte dafür tätigt. Oftmals rühren Kredite aus so einer Gründungsphase. Hier ist das Konsumentenschutzgesetz anwendbar.
Aktuelle Rechtsprechung
Ob Konsument oder Unternehmer, am besten liest man sich die entsprechende Klausel im Kreditvertrag aufmerksam durch, ob darin Hinweise zu finden sind, wie im Falle eines negativen Indikators vorzugehen ist. Gibt es keine solchen Bestimmungen, so ist davon auszugehen, dass der Zins auch auf 0,00001% sinken kann. Dazu gibt es bereits Entscheidungen des OGH (1 Ob 4/17w und 10 Ob 13/17k). Ob die Zinsen auch auf 0 sinken können, das ist noch nicht entschieden, vermutlich aber ja. Darunter wird es schwierig, weil der OGH mittlerweile in mehreren von unterschiedlichen Senaten getroffenen Entscheidungen davon ausgeht, dass es einen natürlichen Konsens gebe, dass der Kreditnehmer zu keiner Zeit Zahlungen vom Kreditgeber erhalten könne. Woher dieser natürliche Konsens kommt, ist fraglich. Grundsätzlich wurde argumentiert, dass die Parteien des Kreditvertrags nicht bedacht hätten, dass die Indikatoren auch ins Negative rutschen könnten. Über Etwas, das nicht bedacht wurde, kann wohl auch kein Konsens vorliegen!? Im Übrigen gibt es bereits seit Langem Entscheidungen, die es für die Entgeltlichkeit ausreichen lassen, dass eine Bearbeitungsgebühr bezahlt wird. Es ist vor diesem Hintergrund davon auszugehen, dass der OGH wohl aus wirtschaftlicher Räson zugunsten der Banken entschieden hat.
Auf die Klausel kommt es an
Einseitige Vertragsänderungen durch einen Vertragspartner berechtigen den anderen Vertragspartner einen Unterlassungsanspruch geltend zu machen. Alternativ dazu kann man die Differenz, die einem tatsächlich vorenthalten wird, einklagen. Achtung! Hier gilt eine 3-Jahresfrist zur Geltendmachung, welche mit Kenntnis vom Fehlverhalten der Bank beginnt, spätestens aber mit Abbuchung von zu hohen Zinsen.
Je nach Textierung der Vertragsklausel hat man gute bis sehr gute Aussichten, einen solchen Anspruch durchzusetzen, sofern man von mindestens 0% Verzinsung ausgeht und nicht weniger.
Ist man Unternehmer, dann lässt man die vereinbarte Zinsklausel am besten von einem Rechtsanwalt prüfen, denn die Chancen sind stark von deren Textierung abhängig. Unklarheiten gehen zu Lasten der Banken. In einem Verfahren bei Gericht wird dann allenfalls geklärt, ob die Bank zu einer Veränderung des Zinssatzes nach billigen Erwägungen berechtigt war. Eine Verzinsung unter 0 ist wohl auch hier auszuschließen.
Hat man diese Erfahrung einmal gemacht, dann gilt: Bei der nächsten Kreditaufnahme sollte man den Kreditvertrag vorsorglich prüfen und aus verhandeln.
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