Versicherungen

  • Verbraucherrecht: Rücktritt bei Lebensversicherungen

    Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat in einem Musterprozess über das Rücktrittsrecht bei Lebensversicherungen entschieden: Dieses ist unbefristet, wenn die Rücktrittsbelehrung falsch ist. Aufgrund zahlreicher Anfragen und der steigenden Anzahl von Anbietern am Markt, die Konsumenten bei der Durchsetzung ihrer Rechte unterstützen, möchte ich hier meine Sicht der Dinge darstellen.

    Rückabwicklung von Verträgen

    1. Rückabwicklung – ob eine solche möglich ist oder nicht ist im Einzelfall zu klären und falls die Vertragspartner (Versicherung und Kunde) zu keinem Ergebnis kommen werden hier wohl die Gerichte zu entscheiden haben. Wichtig ist dabei, dass jeder Gerichtsentscheid ein Einzelfall ist und somit auch separat und individuell auf den jeweiligen Rechtsfall abgestimmt zu prüfen ist.
     
    2. Beratungsfehler durch Vermittler – hier wird zu klären sein, ob die Vermittler einen etwaigen Beratungsfehler begangen haben oder nicht, wobei klar ist, dass die Berechnungen und die beim Abschluss verwendeten Anträge vom jeweiligen Versicherer erstellt wurden. Weiters ist noch zu klären, ob die Vermittler nicht gem. §43a VersVG dem Versicherer zuzurechnen sind, da diese wirtschaftlich vom Versicherer abhängig sein könnten bzw. dies waren, da bei der Beratung immer die Formulare und Berechnungen der Versicherer genutzt wurden.
     
    3. Stornoprovision – ob im Falle einer Rückabwicklung die Provision das Schicksal der Prämie teilt und die Provision rückgefordert werden kann, müssen die Juristen klären. Wobei hier zu berücksichtigen ist, dass die angeblich falschen Unterlagen/Berechnungen immer vom Versicherer erstellt wurden. Fraglich ist, ob die Provisionsrückforderung nicht einen Schadenersatzanspruch des Vermittlers auslöst, da dieser darauf vertrauen konnte, dass die von der Versicherung ausgegeben Beratungsunterlagen korrekt waren.
     
    4. Vermittler wollen Kunden „helfen“ – es gibt mehrere „Unterstützer“ am Markt, die Kunden zur Durchsetzung ihrer Ansprüche verhelfen wollen. Diese gehen teilweise aktiv und gezielt auf die Vermittler zu, damit ihnen diese die Informationen der Kunden bzw. über deren Verträge zukommen lassen. Hier muss aus Gründen des Datenschutzes mit äußerster Vorsicht vorgegangen werden, da in den Anträgen auch Gesundheitsdaten aufscheinen (können) und generell die Zustimmung der Kunden einzuholen ist, bevor deren Daten weitergegeben werden. Hinzu kommt, dass sich die Unterstützter der Kunden wahrscheinlich am Ende gegen die Vermittler wenden bzw. die Anwälte ihren Klienten genau das empfehlen (müssen), um nicht selbst in eine Haftung zu kommen. In dem Fall hätten Vermittler auch gleich die Munition gegen sich selbst geliefert.

    Besteht für Vermittler Aufklärungspflicht?

    Wenn Sie ein Kunde fragt was er tun soll, dann empfehlen Sie, dass er eine Beratung bei einem Juristen einholen möge. Die Rechtsanwaltskammern bieten mehrmals im Jahr eine kostenlose Erstberatung an. Aussagen über die rechtlichen Möglichkeiten können Sie nicht treffen, da es zu dieser Thematik noch keine ausreichende Judikatur gibt.

    Die Ansprüche der Versicherungsnehmer richten sich grundsätzlich gegen die Versicherung, welche auch Vertragspartner im Versicherungsvertrag ist. Die Problematik mit der Belehrung über das Rücktrittsrecht hätte die Versicherung schon lange „sanieren“ können indem sie den Versicherungsnehmern eine korrekte Belehrung hätte nachreichen können, WENN bei Vertragsabschluss wirklich fehlerhafte Formulare/Anträge verwendet wurden. Es gibt nun mehrere Gründe, warum dies noch nicht passiert ist.

    • Ein möglicher Grund wäre, dass die Versicherungen wissen, dass ihre Unterlagen korrekt waren und sie somit nichts nachzuholen haben.
    • Ein anderer Grund wäre, dass vielleicht bekannt sein könnte, dass fehlerhafte Unterlagen verwendet wurden, jedoch andere Gründe dafür sprechen, dass eine Rückabwicklung nicht berechtigt sein kann (zB „Treu und Glauben im Versicherungsvertrag“).
       
      Anlegerschäden der Vergangenheit (Meinl, AvW, AMIS usw.) haben gezeigt, dass die Vermittler immer die Schuldigen sein müssen. Am Ende war es stets die Beratung, die fehlerhaft gewesen sein MUSS, denn der Anspruchsteller möchte Geld (wenn geht, so viel wie möglich und noch ein bisschen mehr).  Kritisch zu hinterfragen ist in dem Zusammenhang die Rolle des VKI, der aus Steuergeldern finanziert und im Auftrag des Sozialministeriums tätig wird. Ist von Seiten der Regierung wirklich gewünscht, dass die Finanz- und Versicherungswirtschaft sowie die Beraterbranche dafür herhalten müssen, dass sich einige wenige im Scheinwerferlicht der Medien als „moderner Robin Hood“ präsentieren?
       
      Betroffenen empfehle ich: Lassen Sie sich nicht verrückt machen und bewahren Sie Ruhe. Ich gehe davon aus, dass die Versicherungswirtschaft die aktuelle Thematik zurzeit eingehend rechtlich prüft und demnächst mit einer Stellungnahme zu rechnen sein wird. Sobald diese Rechtsansicht vorliegt, werden/können auch die Berufsvertretungen in der Wirtschaftskammer etwas dazu sagen. Die Situation ist aus rechtlicher Sicht sehr komplex und muss eingehend geprüft werden, dies dauert seine Zeit. Warten Sie in jedem Fall die Rechtsansichten der Versicherungswirtschaft und der Interessenvertretungen ab, bevor Sie voreilige Handlungen setzen.
     

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      7, René, Hompasz, rh, rh, René Hompasz, rene.hompasz@hoeher.info, http://www.hoeher.info, 2016-02-10 10:19:33, René Hompasz ist gerichtlich beeideter Sachverständiger für Versicherungswesen und Spezialist für Berufshaftpflicht,