Compliance, Versicherungen, Wertpapiere

  • Compliance: Wenn die Behörde klingelt (3)

    Montag, neun Uhr morgens: Harald Müller, Mitarbeiter des Versicherungsmaklers HABA GmbH (Anm., Name von der Redaktion geändert) hat unangemeldeten Besuch durch das Marktamt/die Gewerbebehörde. Nach der Prüfung des Themas Kundenakquise wollte die Behördenvertreterin die Kontrolle des Maklerbüros bereits abbrechen, da niemand aus dem Bereich Kundenbetreuung/Sales anwesend war, als unerwartet Herr Haba, der Firmeninhaber, das Büro betritt.

    Maklerauftrag und Beratungsprotokoll

    Herr Müller stellt die Prüferin seinem Chef vor: „Das ist Frau Legat vom Marktamt, sie kontrolliert in Kundenakten die Erstkontaktaufnahme mit unseren Kunden, hat die Prüfung gerade beendet und möchte gehen.“
    Frau Legat entgegnet, dass Sie jetzt doch mit Herrn Haba fortsetzen möchte und er ihr erklären möge, welchen Auftrag er von den jeweiligen Kunden erhalten hat und wie diese Aufträge umgesetzt wurden.

    Bei der gemeinsamen Durchsicht der Kundenakten erläutert Herr Haba dem Kontrollorgan, dass er grundsätzlich  bevor er tätig wird abklärt, was sein Auftrag sein soll. Er belegt gegenüber Kunden schriftlich, mit welchem Gewerbe er tätig wird (MaklerG, § 27, GewO 1994, § 137f Abs. 7 bis 8 und § 137g). Herr Haba dokumentiert seine Aussage durch Vorlage der Geschäftspapiere und der Mailvorlagen.

    Er unterscheidet, ob es sich im Anlassfall um ein Gespräch mit einem Neukunden oder mit einem Bestandskunden handelt.
    In beiden Fällen wird vor einer zu erbringenden Dienstleistung besprochen, ob eine Beratungsleistung durch den Makler gewünscht ist, oder ob ein Vermittlungsauftrag erteilt wird. Die Kunden werden über den Unterschied der Dienstleistung und die daraus entstehenden Konsequenzen für beide Parteien aufgeklärt. Herr Haba lässt sich jeden erhaltenen Auftrag auf einem Formular bestätigen.

    Maklerauftrag im Kundenakt

    Da der Akt der Firma TENGG noch offen ist (die Thematik Akquisition wurde bereits geprüft), belegt Herr Haba seine Ausführungen mit den archivierten Formularen. Herr TENGG beauftragte die HABA GmbH im September 2015 mit einer Erfassung aller Risiken des Unternehmens (GewO 1994, § 137g), der Überprüfung der bestehenden Risikoabsicherungen und einem daraus resultierendem Soll-Ist Vergleich. Die Beauftragung wurde von beiden Firmen gezeichnet und ein entsprechendes Honorar für die Beratung schriftlich vorab vereinbart (GWO 1994, § 138 (1)). Mit der Beauftragung wurden Herrn TENGG die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ der HABA GesmbH sowie das dazugehörige Beratungsprotokoll – dieses liegt ebenfalls im Kundenakt auf – ausgehändigt. Weiter wurde der Maklerauftrag Herrn TENGG via E-Mail übermittelt.

    Die Prüferin ist mit den vorgelegten Unterlagen im Akt TENGG vorerst zufrieden und will nun im Kundenakt von Frau Fritz nachsehen, wie hier die Auftragssituation definiert wurde.

    Uneingeschränkte Vollmacht, hohes Risiko

    Von Frau Fritz wurde 2010 – als sie Kundin wurde – ausschließlich eine Vollmacht ohne Einschränkung erteilt, es wurde kein Maklerauftrag ausgestellt. Das bedeutete damals, dass die HABA GesmbH die volle Haftung für alle Risiken von Frau Fritz übernommen hatte. Nachdem Herr Haba seine damit verbundene Haftung im Zuge eines Workshops erkannt hatte stellte er 2011 die Arbeitsweise der HABA GesmbH um.

    Mit Frau Fritz wurde im Jahresgespräch 2012 ein eingeschränkter Maklerauftrag vereinbart. Darin wurden die Risiken genau erfasst (GewO 1994, § 137g), für die Frau Fritz die Beratungs- und Vermittlungsaufträge an die HABA GesmbH erteilte. Alle weiteren Risiken wurden aufgelistet und nachweislich im Verantwortungsbereich der Kundin belassen. Auch diese Vorgehensweise wurde von beiden Parteien unterzeichnet. Dadurch war das Auftragsverhältnis erstmalig zwischen Makler und Kundin klar definiert.

    Weiter wurden die nicht eingeschränkte Vollmacht für ungültig erklärt und eine zeitlich nicht eingeschränkte Auskunftsvollmacht sowie eine jederzeit widerrufbare Handlungsvollmacht zur Wahrung der Interessen von Frau Fritz durch sie gezeichnet. So wurde sichergestellt, dass Herr Haba die Interessen von Frau Fritz nach außen vertreten kann, Frau Fritz also entlastet ist und bestimmte Aufgaben durch die HABA GesmbH für sie übernommen werden können. Auch für diese Beratung liegt das aussagekräftige Kurzprotokoll auf. Zusätzlich zu den Inhalten wurden folgende Punkte festgehalten: Beginn, Ende und Ort der Beratung, Teilnehmer.

    Frau Legat ist von der Kundebetreuung und der klaren Definition des Verhältnisses zwischen Kunden und Maklerbüro positiv beeindruckt. Sie kontrolliert noch den Kundenakt von Herrn Raffel und der Firma Walter

    Beratungsverzicht ist zu dokumentieren

    Bei Herrn Raffl liegt zusätzlich zu den bereits bekannten Dokumenten auch noch ein Vermittlungsauftrag für eine Unfallversicherung im Kundenakt. Dieses Produkt wurde ihm von einem „Freund“ empfohlen. Auf dem Vermittlungsauftrag ist vermerkt, dass keine Beratung vorausgegangen war und die HABA GesmbH daher auch keinerlei Haftung übernimmt, sollten an das Maklerunternehmen irgendwelche Ansprüche in der Zukunft aus möglicher Nichtdeckung im Leistungsfall herangetragen werden.

    Im Kundenakt der Firma Walter findet sich ein weiteres Dokument, aus dem hervorgeht, dass die Firma HABA GesmbH das Schadensmanagement auch für die noch bestehenden Fremdverträge gegen Honorarleistung übernimmt , jedoch keine Haftungen aus diesen Verträgen bei „Nichtdeckung“ von Risiken oder Teilrisiken aus diesen Verträgen.

    Frau Legat macht ihre Notizen und nimmt das Angebot zu einer Kaffepause dankend an.

    So können wir Sie unterstützen

    • Risikoanalyse mit Soll-IST Vergleich relevanter Geschäftsprozesse
    • Design und Implementierung rechtssicherer Abläufe
    • Ausbildung der Verantwortlichen und Mitarbeiter
    • Übernahme von Compliance-Funktionen
     

    Fragen Sie unverbindlich an. Wir helfen Ihnen weiter!

      Ihre Ansprechpartner

      6, Felix, Riedl, fr, fr, Felix Riedl, office@felixriedl.com, http://www.felixriedl.com, 2016-02-01 18:15:57, Felix Riedl ist Unternehmensberater, Risikomanager und Fachauditor für die Zertifizierung (ISO 9001) von Finanzdienstleistern bei TÜV Österreich.,
      3, Johannes, Muschik, jm, jm, Johannes Muschik, jm@quickandproper.eu, http://www.quickandproper.eu, 2016-01-21 14:52:22, Johannes Muschik ist Obmann des österreichischen Finanzberaterverbandes, AFPA, und Vorstandsmitglied im europäischen Vermittlerverband, FECIF. Er nimmt laufend an Konsultationen zur Regulierung des EU Finanzdienstleistungsmarktes teil.,