Investment, Wertpapiere

  • Analysekosten, Preis und Wert

    MiFID II verpflichtet Vermögensverwalter und Fondsmanager, Analysekosten aus eigenen Mitteln zu begleichen oder Ausgaben für Analystenkommentare in sogenannten Research Payment Accounts (RPAs) aufzuschlüsseln und einzelnen Kunden bzw. Fonds zuzuordnen. Am Ende werden Analysekosten weiterhin von den Kunden getragen, entweder über direkte oder indirekte Verrechnung.

    Diese Weiterverrechnung ist auch legitim und redlich, zumal der Kunde letztendlich Nutznießer der Analysen ist. Die praktische Handhabung ist jedoch nach wie vor unklar. Manche Banken wollen ihren Kunden, soweit möglich, auch künftig nichts für Analysen verrechnen. Andere haben sich bereits für RPAs entschieden. Während man im Private Banking zu einer verrechneten Pauschale tendiert wird, bevorzugen Fondsgesellschaften die Verrechnung über RPAs. Unabhängig von der jeweiligen Kostentragung wird bereits seit Längerem die angemessene Preisfestlegung für Analysen zwischen Anbietern (zB Investmentbanken) und Interessenten (zB Fondsgesellschaften, Asset Management) diskutiert.

    Die Preisvorstellungen vieler Analyse-Anbieter sind zuletzt gesunken, teilweise werden aber noch immer utopische Summen in Verhandlungen angeführt. Bei Kosten für künftige Analysen sind auch zivil- und aufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Dies insbesondere, wenn die Analysekosten über RPA den Kunden weiterverrechnet werden.

    Rechtsstellung von Analysen

    Aufsichtsrechtlich werden Finanzanalysen als Analysen oder andere Informationen definiert, in denen für ein oder mehrere Finanzinstrumente oder deren Emittenten explizit oder implizit eine Anlagestrategie empfohlen oder vorgeschlagen wird. Ebenfalls erfasst sind alle für Informationsverbreitungskanäle (zB Bloomberg) oder die Öffentlichkeit bestimmte Stellungnahmen zum aktuellen oder künftigen Wert oder Preis.

    Zivilrechtlich ist eine von einem Finanzanalysten veröffentlichte Analyse als eine den Bestimmungen des § 1299 ff ABGB entsprechende Aussage eines Sachverständigen zu qualifizieren.

    Grundsätzlich bleibt es Analyse-Verkäufern ebenso wie anderen Sachverständigen unbenommen, für von ihnen zu erbringende Leistungen ein entsprechendes Entgelt zu verlangen. Im Rahmen einer funktionierenden Marktwirtschaft würden sich Analyse-Anbieter mit einem vorteilhaften Preis-/Leistungsverhältnis durchsetzen. Die Freiheit der Preisgestaltung wird jedoch durch zivil- und aufsichtsrechtliche Bestimmungen einschließlich der dazugehörigen Analysestandards eingeschränkt.

    Der Analyse-Verkäufer ist hinsichtlich der von ihm abgegebenen Analyse als Sachverständiger iSd § 1299 ff ABGB zu qualifizieren. Die Analyse-Käufer dürfen daher zu Recht auf die sorgfältige Erstellung der vom Analyse-Verkäufer abgegebenen Analysen vertrauen. Unabhängig von etwaigen aufsichtsrechtlichen Haftungsgrundlagen wären Wertpapieranalysen daher auch anhand des strengen zivilrechtlichen Maßstabes für Sachverständige zu messen und sollte dies bei der Vertragsgestaltung auch entsprechend berücksichtigt werden. Die strengen Qualitätskriterien für Sachverständige sind branchenübergreifend anwendbar. Sie rechtfertigen daher keine darauf begründeten Kostenaufschläge. 

    Preis und Wert

    Der tatsächliche Wert einer Analyse bzw. eines Analyse-Paketes muss in einem entsprechenden Verhältnis zum bezahlten Preis liegen. Übersteigt der bezahlte Preis beispielsweise das Doppelte des nach objektiven Kriterien zu beurteilenden wahren Wertes der Analyse bzw. des Analyse-Paketes, könnte dieser Vertrag von Seiten des Analyse-Empfängers angefochten und letztendlich verschuldensunabhängig wegen Verkürzung über die Hälfte aufgehoben werden. Mittels exakter Zuordnung von Kosten (Mitarbeiter, Bloomberg, etc.) zu den einzelnen Analys(t)en kann ein solches Anfechtungsrisiko reduziert werden. 
    Unzulässig sind jegliche Preisabsprachen oder abgestimmte Verhaltensweisen zwischen den Analyse-Anbietern, welche eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken würden.

    Der Analyse-Käufer sollte insbesondere im Fall einer RPA-Abrechnung bei der Verhandlung von Analyseverträgen auf Vertragslaufzeiten, Kündigungsfristen und außerordentliche Kündigungsrechte Rücksicht nehmen. Weitere wesentliche Vertragsbestandteile wären die den Vertrag betreffenden Anfechtungsrechte wegen Irrtums, (Arglist) oder Verkürzung über die Hälfte. Auf diese Anspruchsgrundlagen sollte nach Möglichkeit vertraglich nicht verzichtet werden.

    Weiterverrechnung an Kunden

    Im Fall der Weiterverrechnung von Kosten über RPA müssen neben anderen WAG-Bestimmungen die Regelungen des § 54 WAG 2018 bei den Vertragsverhandlungen berücksichtigt werden. Die Qualität der erworbenen Analysen ist gemäß § 54 Abs. 1 lit d WAG 2018 regelmäßig anhand belastbarer Kriterien und der Fähigkeit, zu besseren Anlageentscheidungen beizutragen, zu bewerten. Die Beobachtungszeiträume sowie der Kriterienkatalog sollten ebenfalls bereits nach Möglichkeit im Vertrag mit dem Analyseanbieter berücksichtigt werden. Im Fall mangelnder Analysequalität wäre eine Weiterverrechnung der Analysekosten an Abnehmer vermutlich schwierig und sollte für diesen Fall ein (außer-)ordentliches Kündigungsrecht mit dem Analyse-Verkäufer entsprechend vereinbart werden.

    Werden Kosten über RPA weiterverrechnet, sind noch weitere Themenbereiche zu berücksichtigen, die nicht unmittelbar mit den Analyseverträgen in Zusammenhang stehen. So ist etwa die Zugangsmöglichkeit der Mitarbeiter zu Analysen zu prüfen. Dieser Zugang sowie die Verwendung und Weiterleitung der Analysen an Dritte durch Mitarbeiter (E-Mail, Newsletter, Marketing, etc.) müsste entsprechend vertraglich geregelt, überwacht und im Falle einer Weiterverrechnung an Kunden berücksichtigt werden.

    So können wir Sie unterstützen

    • Erstellung und Verhandlung neuer Analysevereinbarungen
    • Prüfung und Nachverhandlung aufrechter Vereinbarungen
    • Preisfindung für Analyse-Anbieter und Abnehmer
    • Zivil- und aufsichtsrechtliche Fragen zu Analysevereinbarungen
     

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      5, Dr. Georges, Leser, gl, gl, Dr. Georges Leser, gl@georgesleser.com, http://www.georgesleser.com, 2016-02-01 07:26:14, Dr. Georges Leser ist Rechtsanwalt in Wien mit den Schwerpunkten Wirtschafts-, Bank- und Kapitalmarktrecht.,